Name, ISIN
Verwaltungsgesellschaft
Anlageschwerpunkt
Bewertungsintervall
Performance
Währung
Anlageregion
Gesetzlicher Fondstyp
Investmentgesellschaft
TER
Rechtsform
Vertriebsland
Verwahrstelle
25.04.2022
Keine physische Präsenz von Zahlstellen

Wie das europäische Reglement die voranschreitende Digitalisierung widerspiegelt

Im Zuge der Umsetzung der Richtlinie 2009/65/EG und der Richtlinie 2011/61/EU haben die EWR-Mitgliedsstaaten
das Erfordernis einer im Inland ansässigen Zahlstellein das jeweilige nationale Recht integriert. Folglich war der grenzüberschreitende Vertrieb von liechtensteinischen Fondsanteilen in das EWR-Ausland mit dem Ernennen einer Zahlstelle im zukünftigen Vertriebsland verknüpft.
Teilweise hat sich diese Bestimmung in der Praxis jedoch als unvorteilhaft erwiesen, da die Kommunikation mit den Anlegern, insbesondere die Platzierung von Zeichnungsaufträgen, die Rücknahme von Anteilen oder auch die Bereitstellung von Anlegerinformation in vielen Fällen online erfolgte.
Für Fonds, deren grenzüberschreitender Vertrieb digital abgewickelt wird, soll nun die Richtlinie (EU) 2019/1160 Erleichterung schaffen: Mitgliedsstaaten dürfen Einrichtungen wie Zahlstellen, die zur Erfüllung von bestimmten Aufgaben gegenüber Anlegern dienen, fortan keine physische Präsenz im jeweiligen Mitgliedsstaat mehr vorschreiben.


Neue Rechtslage für OGAW und AIF für Privatanleger 
Rechtsgrundlage der neuen Regelung ist die Richtlinie (EU) 2019/1160 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 zur Änderung der Richtlinien 2009/65/EG und 2011/61/EU im Hinblick auf den grenzüberschreitenden Vertrieb von Organismen für gemeinsame Anlagen.
Wie bereits einleitend erwähnt, dürfen die Mitgliedsstaaten laut dieser Richtlinie Einrichtungen, die bestimmte Aufgaben im zukünftigen Vertriebsland, wie zum Beispiel die Verarbeitung von Zeichnungs- und Rücknahmeaufträgen von Anlegern, übernehmen, nun keine physische Präsenz mehr im Aufnahmemitgliedsstaat vorschreiben.
Gemäss der eben genannten Richtlinie sind die Anleger der Fonds eingangs in zwei Gruppen zu unterteilen. Einerseits werden AIF, die an Privatanleger vertrieben werden, und OGAW als gemeinsame Gruppe betrachtet, um eine einheitliche Behandlung von Privatanlegern zu gewährleisten. Die zweite Gruppe besteht aus den AIF für professionelle Anleger. Die neuen Regeln richten sich an die erstgenannte der beiden Gruppen. 

Neben dem Entfall der Vorgabe zur physischen Präsenz sieht die Richtlinie erweiterte und strengere Vorgaben für die Kommunikation mit den Anteilsinhabern und Aufsichtsbehörden vor. Hiermit soll insbesondere ein gleichbleibender Schutz der Anleger trotz des Entfalls einer physischen Kontaktstelle im Vertriebsland gewährleistet werden. 

Sind die neuen Regelungen bereits anwendbar?

Die Richtlinie (EU) 2019/1160 ist seit dem 2. August 2021 in der europäischen Union in Kraft. Wie bei jeder Richtlinie bedarf es zusätzlich einer Angleichung der nationalen Regeln an die neuen Bestimmungen der EU.
Für die EWR/EFTA-Staaten3; ist die Richtlinie jedoch nicht mit dem Inkrafttreten in der EU, sondern erst nach einer Übernahme in das EWR Abkommen unmittelbar anwendbar. Da eine solche Übernahme bis dato noch nicht erfolgt ist, ist eine Übernahme in die jeweiligen Rechtsordnungen der EFTA-Staaten im Wege des üblichen Umsetzungsverfahrens noch nicht möglich. Während es für die EU-Mitgliedsstaaten also bereits seit August 2021 möglich ist, die Neuerungen im Rahmen des gängigen Umsetzungs-verfahren in das nationale Recht zu integrieren, ist dies für Liechtenstein derzeit noch nicht möglich. 
Um eine unveränderte Wettbewerbsfähigkeit Liechtensteins im EWR-Raum zu garantieren, hat sich Liechtenstein jedoch eines besonderen Übernahmeverfahrens bedient: Mittels Anpassung des UCITSG und des AIFMG wurden die neuen Regelungen vorab umgesetzt (= Vorabumsetzung). Somit ist es auch in Liechtenstein bereits jetzt möglich, von den Neuerungen der Richtlinie (EU) 2019/1160 zu profitieren. 

Wie auch Liechtenstein haben folgende Länder ihr nationales Recht angepasst und ermöglichen somit bereits per heute den Vertrieb von Fondsanteilen ohne das Ernennen einer inländischen Zahlstelle:

Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Irland, Italien, Kroatien, Lettland, Luxemburg, Malta, Niederlande, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Slowakei, Slowenien, Spanien, Ungarn, Zypern und Bulgarien

In Litauen, Norwegen, Tschechien, und Schweden ist der Gesetzesentwurf bereits verfügbar, es bedarf allerdings noch einer finalen Umsetzung. Estland, Griechenland und Island sind aktuell noch bei der Ausarbeitung eines Gesetzesentwurfs.

Fazit 
Auch in Liechtenstein bringen die neuen Vorgaben der Richtlinie erhebliche Erleichterungen mit sich. Es ist nun möglich, einen zentralen „Facility Agent“ als Kontakt- und Zahlstelle für den Vertrieb von Fondsanteilen in anderen Ländern zu benennen. Diese zentralen Kontakt- und Zahlstellen können die Verbindungsstelle zwischen Anlegern aus verschiedenen EWR-Ländern und der Fondsverwaltungsgesellschaft darstellen. Ebendiese Zentralität geht unter anderem als Ziel der Richtlinie hervor.  
Natürlich stellt es für die Verwaltungsgesellschaften der Fonds eine Reduktion des Organisationsaufwands dar, wenn sich die Geschäftsbeziehung auf eine oder einige wenige Zahlstellen beschränkt. Und da diverse Gebühren, wie zum Beispiel eine On-Boarding Fee, nicht mehr an unterschiedliche Kontaktstellen, sondern nur an eine zentrale Stelle entrichtet werden müssen, kann auch von einer starken Kostenersparnis für die Verwaltungsgesellschaften ausgegangen werden.

In Summe führt die neue Richtlinie zu einer Vereinfachung des Vertriebs von Fondsanteilen im EWR-Raum, von der die Fondsverwaltungsgesellschaften profitieren können. 
 
1 Der EWR besteht aus den Mitgliedsländern der Europäischen Union und den EFTA Staaten (exklusive Schweiz).
2 zu subsumieren unter Einrichtungen zur Wahrnehmung von diversen Aufgaben gegenüber den Anlegern.
3 Island, Liechtenstein und Norwegen.




Julia Ohrwalder
Legal Counsel
CAIAC Fund Management AG